Apostolische Gemeinschaft

Situation in der Gegenwart

Die Apostolische Gemeinschaft e.V.  entstand 1955. Ihr schloss sich 1994 der 1921 gegründete Reformiert-Apostolische Gemeindebund an. Sie versteht sich als von Aposteln und Bischöfen gemeinsam mit Ältesten geleitete evangelische Freikirche. Der Sitz der Kirchenleitung ist in Düsseldorf. In Deutschland hat sie in ihren drei Regionalkonferenzen derzeit 45 Gemeinden mit ca. 3.000 Mitgliedern, vor allem im Rheinland, im Saarland und in Mitteldeutschland. 
Die Apostolische Gemeinschaft hat auf internationaler Ebene Kontakte zur „Vereinigung der Apostel Apostolischer Gemeinden“ (VAG). 
 


Geschichte

Die Apostolische Gemeinschaft steht in der Tradition der im 19. Jh. entstandenen, von der baldigen Erwartung der Wiederkunft Christi geprägten Erweckungsbewegungen in Großbritannien, für die die Wiedereinrichtung des Apostelamtes konstitutiv war. Daraus erwuchs u.a. die Neuapostolische Kirche. Vor allem durch die Auseinandersetzung um das Verständnis und die Rolle des Stammapostels kam es in dieser Kirche im 20. Jahrhundert immer wieder zu Abspaltungen. Die wohl bedeutendste erfolgte 1955 aufgrund der sogenannten „Botschaft“ des Stammapostels Bischoff, wonach die erste Ankunft Christi noch zu seinen Lebzeiten erfolgen würde. Aus ihr entstand die Apostolische Gemeinschaft. 
Das seit den 1970er-Jahren auf der Grundlage der Bibel erfolgte vertiefte Nachdenken über das Verständnis von Kirche, Sakramenten und Amt führte dazu, dass sich die Apostolische Gemeinschaft immer mehr zu einer an den Grundprinzipien der Reformation orientierten Freikirche entwickelte und sich damit auch für die Ökumene öffnete. 2014 erfolgte in Düsseldorf ein offizieller Akt der Versöhnung mit der Neuapostolischen Kirche
Neben den Gemeinden in Deutschland gibt es in Europa weitere selbstständige apostolische Gemeinden in Frankreich, in den Niederlanden und in der Schweiz. Auf europäischer Ebene arbeiten sie in der „Vereinigung der Apostel und Bischöfe der Apostolischen Gemeinschaften Europas“ zusammen. Außerhalb Europas gibt es eigenständige apostolische Gemeinden in Australien, Kenia, Südafrika, Brasilien, Indien, Pakistan, Neuseeland und auf den Philippinen.


Glaubensinhalte

Das verbindliche Bekenntnis der Apostolischen Gemeinschaft ist das Apostolische Glaubensbekenntnis. Daneben wird auch das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel als gemeinsames Bekenntnis der Christenheit anerkannt. 
Die Apostolische Gemeinschaft versteht sich ausdrücklich nicht in einem exklusiven Sinn als Kirche, sondern als Teilkirche innerhalb der „einen, heiligen katholischen und apostolischen Kirche“.
 


Kirchliches Leben

Zentral ist die Feier des Sonntagsgottesdienstes, der überwiegend als Abendmahlsgottesdienst gefeiert wird. Daneben gibt es im Laufe der Woche Predigtgottesdienste, Hauskreise, Bibelkreise und andere Veranstaltungen, zu denen sich die Gemeinde versammelt. 
Die Apostolische Gemeinschaft kennt wie die Neuapostolische Kirche drei Sakramente, die Taufe, das Abendmahl und die Versiegelung. Ein Sakrament ist eine heilige Handlung, in der der Bund Gottes mit den Menschen gefeiert wird. Es ist ebenso sichtbares Zeichen des Heils, das Gott in Jesus Christus jedem Menschen schenkt, wie Bekenntnis des Glaubens des Menschen. 
Die in der Regel als Kindertaufe gespendete Taufe wird verstanden als das Sakrament der Wiedergeburt und der Hineinnahme in den Leib Christi. Die von anderen Kirchen gespendete trinitarische Taufe mit Wasser wird als gültige Taufe anerkannt. 
Das Abendmahl versteht die Apostolische Gemeinschaft in einem vierfachen Sinne: als Gedächtnis des Kreuzesopfers Christi, als Gemeinschaft mit dem Auferstandenen, als die Anerkennung Jesu als Herrn und als Ausblick auf die ewige Tischgemeinschaft mit ihm. 
Die Versiegelung ist in der Apostolischen Gemeinschaft und der Neuapostolischen Kirche das dritte und als letztes gespendete Sakrament neben Taufe und Abendmahl. Die Apostolische Gemeinschaft feiert in diesem Sakrament das Wirksamwerden des Heiligen Geistes durch die von ihm geschenkten Gaben bei den Menschen, die gläubig geworden sind; die Neuapostolische Kirche hingegen feiert, dass der Gläubige unter Handauflegung und Gebet den Heiligen Geist empfängt.
Daneben gibt es weitere, als Segenshandlungen bezeichnete Feiern wie Kindersegnung, Konfirmation, Trauung, Ordination
Die Ordination, die unter Handauflegung und Gebet durch einen Apostel gespendet wird, ist Voraussetzung für die gemeinsam mit den Ältesten erfolgende Leitung der Gemeinde wie für die Feier der Sakramente und Segenshandlungen. Im Jahr 2003 wurde die Frauenordination eingeführt. 


Kirche und Staat

Zum Verhältnis von Kirche und Staat gibt es von Seiten der Apostolischen Gemeinschaft keine ausdrücklichen Aussagen. Allein aufgrund der geringen personellen Ressourcen liegt der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf der Verkündigung des Glaubens an Jesus Christus, nicht auf gesellschaftspolitischen Aktivitäten, was aber nicht ausschließt, dass sich einzelne Mitglieder vor Ort oder in ökumenischen Projekten entsprechend engagieren. 


Ethik

Die Lebensführung soll sich am Evangelium orientieren. So bekennt sich die Apostolische Gemeinschaft ausdrücklich zum Schutz von Ehe und Familie und zum Schutz des Lebens. Sie bekennt sich zur Gewaltlosigkeit und zur weltweiten Abrüstung. Die Apostolische Gemeinschaft begrüßt den Einsatz für Flüchtlinge, sie gibt selbst kein Kirchenasyl, unterstützt aber im Einzelfall ökumenische Initiativen diesbezüglich vor Ort. Sie verurteilt jegliche Form von Missachtung und Einschränkung aller Menschen. Alle Anstrengungen, das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur wiederherzustellen unterstützt sie im Sinne der Bewahrung von Gottes Schöpfung.
 


Ökumene

Die Apostolische Gemeinschaft arbeitet mit in der Evangelischen Allianz. Sie ist seit 2014 Gastmitglied in der Vereinigung Evangelischer Freikirchen und in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland sowie, nach ihren Möglichkeiten, auch in verschiedenen regionalen und lokalen ACKs. In den Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt ist sie Vollmitglied der Landes-ACK und strebt weitere Vollmitgliedschaften an.

Burkhard Neumann

gegengelesen von Elke Heckmann

 

 


Literatur

Lieberth, Detlef: Die Apostolische Gemeinschaft: Geschichte, Identität, Wandlungsprozesse, in: Freikirchenforschung 18 (2009) 239-246.

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