Synode/Konzil

Begriff und Bedeutung

Die Begriffe „Synode“ (von griech. synodos) und „Konzil“ (von latein. concilium) bezeichnen repräsentative Versammlungen von Kirchenvertretern, die über Fragen der Lehre und des Lebens der Kirche beraten. Während der aus dem Griechischen abgeleitete Begriff „Synode“ auf eine Zusammenkunft im Sinne des „zusammen auf dem Weg sein“ verweist, betont der lateinische Begriff „Konzil“ den Charakter der Versammlung zur Beratung gemeinsamer Angelegenheiten. Beide Begriffe werden synonym verwendet und bezeichnen kirchliche Beratungsgremien unterschiedlicher Art, sowohl hinsichtlich ihrer Zusammensetzung als auch im Blick auf ihre Aufgaben und Verantwortung.


Historische Entwicklung

Als biblisches Vorbild für alle späteren Synoden gilt das sogenannte „Apostelkonzil“ (Apg 15), auf dem über die Frage beraten wurde, ob die Beschneidung (wie bei den Juden) auch für alle Christen verbindlich sein müsse. Der Anspruch, dass das Ergebnis der Beratung auf einem vom Heiligen Geist geleiteten Prozess der Unterscheidung beruht („Der Heilige Geist und wir haben beschlossen“: Apg 15,28), prägt auch alle späteren Synoden.

In den ersten beiden Jahrhunderten gab es zunächst lokale Synoden, später (ab dem 3. Jahrhundert) auch Regionalsynoden zur Beratung gemeinsamer Fragen in einer Kirchenprovinz. Ab dem 4. Jahrhundert gab es Reichssynoden, die den Anspruch erhoben, dass ihre Bestimmungen für die ganze Kirche gelten. Die Beschlüsse der vom Kaiser einberufenen Konzile erhielten im Römischen Reich quasi Gesetzeskraft. Einige dieser Reichssynoden werden aufgrund ihrer späteren Rezeption und Bedeutung als „Ökumenische Konzile“ (mit dem Anspruch der Verbindlichkeit für die ganze Christenheit) bezeichnet. Doch nur die ersten beiden Ökumenischen Konzile (Nizäa 325 und Konstantinopel 381) werden von allen christlichen Kirchen als solche anerkannt. Orthodoxe, Altkatholiken und Protestanten erkennen die sieben Ökumenischen Konzile, die im ersten Jahrtausend stattfanden (das letzte in Nizäa 787) als verbindlich an. Römische Katholiken zählen insgesamt 21 Ökumenische Konzile, die für ihre Kirche verbindlich sind.

Daneben gab es in der westlichen Christenheit Diözesan-, Metropolitan-, Provinzial- und Nationalsynoden, denen im Laufe der Geschichte unterschiedliches Gewicht zukam, sowie im christlichen Osten neben der Metropolitan- noch die Patriarchalsynode und die „Synodos endemousa“ als Versammlung aller in der Reichshauptstadt anwesenden Bischöfe. Ab dem 12. Jahrhundert fanden im Lateran (Sitz des Papstes in Rom) vom Papst einberufene Synoden statt, die als Generalkonzile der westlichen Christenheit ebenfalls den Anspruch universaler Verbindlichkeit erhoben. Im 15. Jahrhundert führte der sogenannte „Konziliarismus“ zum Streit über die Frage, ob dem Papst oder dem Konzil die oberste Autorität in der Kirche zukomme. Letztlich ging dieser Streit zugunsten der Päpste aus, deren Macht und Einfluss dadurch weiter zunahm.

Im Zuge der Reformation des 16. Jahrhunderts forderten die Reformatoren immer wieder die Einberufung eines Konzils zur Beratung über ihre Reformanliegen. Das Konzil von Trient (1545-63) kam jedoch zu spät, um die Spaltung der westlichen Kirche verhindern zu können. Martin Luther hob die Bedeutung von Synoden gemäß dem altkirchlichen Ideal hervor (vgl. seine Schrift „Von den Konziliis und Kirchen“, 1539). In den lutherischen Kirchen blieben Synoden zunächst meist Theorie, während sich in den reformierten Kirchen eine regelmäßige synodale Praxis entwickelte. Erst im 19. Jahrhundert entstanden im evangelischen Bereich entsprechende Synodalverfassungen, nach dem Wegfall des landesherrlichen Kirchenregiments 1918 kam den Synoden im evangelischen Bereich auch eine kirchenleitende Funktion zu. Im 20. Jahrhundert erhielten Synoden in allen Kirchen zunehmende Bedeutung als Organe kollegialer Beratung und Entscheidung.


Konfessionsspezifische Ausprägungen

Die Orthodoxe Kirche betrachtet sich selbst als eine „synodale Kirche“. Alle orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen werden heute von synodalen Gremien geleitet. Das bedeutet, dass der Patriarch nie allein entscheiden kann, sondern immer nur gemeinsam mit anderen Bischöfen. Das geschieht zum Teil auf Bischofskonzilen (Versammlung aller Bischöfe einer Kirche), zum Teil durch die „Heilige Synode“ (einem kleineren Kreis von gewählten Repräsentanten des Episkopats). Auch wenn damit Bischöfe in der synodalen Praxis der orthodoxen Kirche eine zentrale Rolle spielen, betont die orthodoxe Theologie der Synodalität nachdrücklich die Verantwortung des gesamten Volkes Gottes für die Bewahrung des rechten Glaubens. Daher unterstreichen alle orthodoxen Theologen, die über Synoden reflektieren, die Bedeutung der Rezeption synodaler Beschlüsse. Das jahrzehntelange Ringen um die Vorbereitung eines „Panorthodoxen Konzils“ zeigt, dass die Praxis der Synodalität im orthodoxen Bereich nicht immer dem Ideal entspricht.

In der Römisch-katholischen Kirche gibt es – trotz der Fokussierung auf das Papstamt – eine lange Tradition von Synoden: Neben dem Anspruch, die Reihe der Ökumenische Konzile auch im zweiten Jahrtausend fortgesetzt zu haben, zeigt sich dies in der immer wieder erhobenen Forderung, regelmäßig Diözesansynoden einzuberufen. Der Streit um den Konziliarismus führte zu einem Rückgang konziliarer Praxis und zu einer (Über-)Betonung des Papstamtes, die in den Beschlüssen des Ersten Vatikanischen Konzils (Jurisdiktionsprimat und Unfehlbarkeit des Papstes) kulminierte. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) bemühte sich, durch die Hervorhebung der Bedeutung des Bischofskollegiums die einseitige Betonung der universalkirchlichen Perspektive zu korrigieren. Es führte zu einer Wiederbelebung synodaler Strukturen in der katholischen Kirche: In Europa berieten Synoden auf nationaler Ebene über die Umsetzung der Impulse des Konzils (z.B. Würzburger Synode 1971-75), in anderen Regionen wurden kontinentale Bischofsversammlungen einberufen (z.B. in Lateinamerika: Medellin 1968, Puebla 1979). Letztere wurden später institutionalisiert: CCEE für Europa, CELAM für Lateinamerika, SECAM für Afrika und FABC für Asien. Kirchenrechtlich gibt es neben der Möglichkeit, Diözesansynoden einzuberufen, die weltweite Bischofssynode, die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil regelmäßig zusammenkommt, um den Papst zu beraten. Papst Franziskus hat 2021 eine Bischofssynode zum Thema „Synodalität“ einberufen, die von 2021-24 in mehreren Phasen, an denen neben Bischöfen auch Laien teilnehmen, das Bewusstsein für die Bedeutung synodaler Beratung in der Römisch-katholischen Kirche stärken soll.

Auch wenn Synoden im Leben der evangelischen Kirchen heute eine wesentliche Rolle spielen, ist ihre synodale Struktur kein Erbe der Reformationszeit. Die reformatorischen Bekenntnisschriften sind im 16. Jahrhundert ohne Synoden entstanden. Im 17. und 18. Jahrhundert entwickelten sich zwar Vorformen synodaler Kirchenleitung, aber erst im Gefolge der politischen Entwicklung im 19. Jahrhundert kam das synodale Prinzip im Protestantismus zum Durchbruch. Die Rheinisch-westfälische Kirchenordnung von 1835 gilt als erste synodale Ordnung, die eine Beteiligung von Laien auf örtlicher, regionaler und überregionaler Ebene vorsieht. Mit der Abschaffung des landesherrlichen Kirchenregiments 1918 erhielten die Synoden dann auch eine kirchenleitende Funktion. Die Verquickung mancher evangelischen Bischöfe mit dem Nationalsozialismus führte dazu, dass die Synoden nach dem Zweiten Weltkrieg eine Korrektivfunktion gegenüber dem Bischofsamt erhielten. Dass das synodale Prinzip erst mit großer „historischer Verzögerung“ umgesetzt wurde, hat verschiedene Gründe: In Zeiten des (absolutistischen) landesherrlichen Kirchenregiments war es ausgeschlossen, Synoden mitreden zu lassen. Zudem setzte die Ausübung von Leitungsverantwortung bestimmte Fähigkeiten voraus (Lesen, Schreiben, Kommunikation, Mobilität). Heute sind Synoden in den evangelischen Landeskirchen verantwortlich für die kirchliche Gesetzgebung, den kirchlichen Haushalt, die Wahl der anderen kirchenleitenden Organe, aber auch die Entscheidung über Agenden und Gesangbücher. Die Mitglieder der Landessynode (Laien und Ordinierte) werden meist in mittelbarer Wahl durch die Kreissynoden oder die Presbyterien gewählt. In den reformierten Kirchen ist die Synode das oberste Organ der Kirchenleitung und der Präses der Synode ist zugleich erster Träger des geistlichen Amtes und Vorsitzender der Kirchenverwaltung. In den lutherischen Landeskirchen gibt es in der Regel eine arbeitsteilige Kirchenleitung mit mehreren kirchenleitenden Organen (Landesbischof, Landessynode, Landeskirchenrat, etc.). Die verschiedenen kirchenleitenden Gremien sind aufeinander verwiesen und leiten die Landeskirche „gemeinschaftlich“.

Im Bereich der Anglikanischen Kirchen findet diese gemeinschaftliche Verantwortung einen strukturellen Ausdruck in den drei „Häusern“ der Generalsynode, in denen Bischöfe, Priester und Laien jeweils getrennt abstimmen und Fragen, die den Glauben oder die Kirchenverfassung betreffen (z.B. Einführung der Frauenordination), nur dann entschieden werden können, wenn alle drei Häuser jeweils mit Zweidrittelmehrheit zustimmen.

In den Altkatholischen Kirchen gibt es neben der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz (IBK), in der sich alle Bischöfe der Utrechter Union einmal jährlich treffen, in jeder Diözese eine Synode, die vom Bischof geleitet wird und der alle Priester sowie Laienabgeordnete aus allen Gemeinden angehören.

In den evangelischen Freikirchen gibt es verschiedene Strukturen synodaler Beratung, beispielsweise die „Konferenzen“ (Generalkonferenz, Zentralkonferenz, Jährliche Konferenz, Bezirkskonferenz) bei den Methodisten oder den „Bundesrat“ bei den Baptisten.


Ökumenische Herausforderungen

Im Blick auf Theorie und Praxis der Synodalität gibt es neben den Fragen, die sich innerhalb einzelner Kirchen stellen, auch gemeinsame, ökumenische Herausforderungen. Dazu zählen:
(1) die Frage nach dem Verhältnis von Primat und Synodalität: Sie betrifft in erster Linie die bischöflich verfassten Kirchen, in denen die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Autorität des Primas (Papst, Patriarch, Erzbischof von Canterbury) und der Aufgabe und Bedeutung des Bischofskollegiums zu klären ist.
(2) die Frage nach der Beteiligung von Laien an Synoden: Abgesehen von der Beteiligung der Jerusalemer Gemeindemitglieder am Apostelkonzil und der Teilnahme weltlicher Fürsten an mittelalterlichen Synoden wurden Laien erst ab dem 19. Jahrhundert in Synoden einbezogen. Es geht bei dieser Frage um die Partizipation aller Glieder der Kirche an synodalen Prozessen. Damit verbunden ist die Frage, ob Laien die theologische Kompetenz zugestanden wird, Urteile in Glaubensfragen zu treffen und, wenn ja, worin dann noch die spezifische Rolle des geistlichen Amtes besteht.
(3) die Formen synodaler Entscheidungsfindung: Geht es um einen demokratischen Prozess (Synode als Kirchenparlament) oder um eine geistliche Unterscheidung, für die ggf. andere Kriterien als absolute oder relative Mehrheiten gelten? Welche Bedeutung kommt der Minderheit zu? Wie kann man zu einem Konsens finden?
(4) die Frage nach der Verbindlichkeit von Synodenbeschlüssen: Können diese aus sich heraus Verbindlichkeit beanspruchen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Oder erlangen sie erst durch die Zustimmung der gesamten Kirche (Rezeption) allgemeine Gültigkeit in der Kirche?
Die Suche nach (gemeinsamen) Antworten auf diese Fragen wird das ökumenische Gespräch über das Verständnis von Synoden und Konzilen weiter beschäftigen.


Johannes Oeldemann


Literatur

Inhoffen, Peter / Remele, Kurt / Saringer, Ulrike (Hg.): Demokratische Prozesse in den Kirchen? Konzilien, Synoden, Räte, Graz 1998.

Oeldemann, Johannes: Primat und Synodalität. Reflexionen über das Verständnis von Autorität in der Kirche in ökumenischer Perspektive. In: B.J. Berkmann / A. Anapliotis (Hg.), Das Verhältnis zwischen der lokalen, regionalen und universalen Ebene in der Kirchenverfassung, Berlin 2020, 29-52.

Schatz, Klaus: Allgemeine Konzilien – Brennpunkte der Kirchengeschichte, Paderborn 1997.

Themenheft „Synodalität“ (aus katholischer, evangelischer, freikirchlicher und orthodoxer Sicht), in: Catholica 74 (2020) 93-158 (Heft 2).

Winkler, Dietmar W. / Cerny-Werner, Roland (Hg.): Synodalität als Möglichkeitsraum. Erfahrungen – Herausforderungen – Perspektiven, Innsbruck 2023.

 

Zurück