Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)

Geschichte

Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) zählt 350 Mitgliedskirchen aus mehr als 110 Ländern weltweit. Zu ihnen gehören die Mehrzahl der orthodoxen Kirchen (östliche und orientalisch-orthodoxe), altkatholische, anglikanische, assyrische, in Afrika entstandene, baptistische, evangelikale, lutherische, mennonitische, methodistische, reformierte, unierte und unabhängige Kirchen, sowie Kirchen Christi/Jünger Christi, Freunde (Quäker), Provinzen der evangelischen Brüder-Unität und einige Pfingstkirchen. Damit umfasst der ÖRK zusammen mehr als 500 Millionen Christinnen und Christen. Er ist unter den zahlreichen kirchlichen Organisationen der modernen ökumenischen Bewegung die umfassendste und repräsentativste, er fördert den Dialog und die Zusammenarbeit von Kirchen aus Ost und West, aus Süd und Nord. 

Der erste Absatz der Verfassung des ÖRK (so genannte ‚Basis‘ des ÖRK) charakterisiert dessen Selbstverständnis: „Der Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Im dritten Absatz der Verfassung wird die Berufung dieser Gemeinschaft in einem Satz zusammengefasst: „Das Hauptziel der Gemeinschaft der Kirchen im Ökumenischen Rat der Kirchen besteht darin, einander zur sichtbaren Einheit in dem einen Glauben und der einen eucharistischen Gemeinschaft aufzurufen, die ihren Ausdruck im Gottesdienst und im gemeinsamen Leben in Christus findet, durch Zeugnis und Dienst an der Welt, und auf diese Einheit zuzugehen, damit die Welt glaube.“

Die Gründung des ÖRK wurde in den Jahren 1937/38 von den Vertretern der Bewegung für Praktisches Christentum und der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung beschlossen. 1948 fand die Gründungs-Vollversammlung in Amsterdam, Niederlande, mit Vertreterinnen und Vertretern aus damals 147 Mitgliedskirchen statt.


Struktur

Die Leitungsstruktur des ÖRK besteht aus mehreren Ebenen: Etwa alle acht Jahre wird eine Vollversammlung organisiert; sie ist das höchste Entscheidungsgremium. Dazwischen tagt alle zwei Jahre der Zentralausschuss mit 150 Mitgliedern. Er beaufsichtigt und leitet die Programmarbeit und beschließt den Haushalt des Rates. Der Zentralausschuss wählt zwanzig Personen zu Mitgliedern des Exekutivausschusses, der zweimal im Jahr tagt. Die Leitung des Zentralausschusses besteht aus einer Vorsitzenden/ einem Vorsitzenden, zwei Stellvertreterinnen/ Stellvertretern und dem Generalsekretär/ der Generalsekretärin. 

Für die inhaltliche Arbeit spielen neben der Programmkoordination durch den Mitarbeiterstab in Genf die fünf international und multikonfessionell zusammengesetzten ÖRK-Kommissionen eine wichtige Rolle:


Profil des ÖRK

Wie für junge Erwachsene, so war und ist der ÖRK auch für andere ein wichtiger Ort, an dem Menschen ihre Stimme für gleichberechtigte Teilhabe erheben: Laien, Frauen, Menschen mit Behinderung, Indigene und andere, die Marginalisierung und Diskriminierung erfahren. 

In der Geschichte haben unter anderem folgende Schwerpunkte das Profil des ÖRK geprägt: 

  • Der multilaterale theologische Dialog hat Annäherungen im Bereich von Taufe, Eucharistie, Amt und Ekklesiologie ermöglicht. Entsprechende Konvergenztexte waren eine wichtige Grundlage für wachsende wechselseitige Anerkennungen zwischen Kirchen und haben auch im Bereich Gottesdienst zu Erneuerung und Weiterentwicklung beigetragen. 
  • die Partizipation von orthodoxen Kirchen; von 1998 bis 2002 tagte eine Sonderkommission zur orthodoxen Mitarbeit im ÖRK, ihr Bericht führte dazu, dass in den leitenden Gremien nicht mehr das Abstimmungs-, sondern das Konsensverfahren gilt, sowie eine Repräsentanz von mindestens 25 Prozent Orthodoxen in den verschiedenen Gremien gewährleistet wird, 
  • das Anti-Rassismus-Programm, das bei der Vollversammlung 1968 in Uppsala, Schweden, beschlossen wurde, 
  • das Engagement im Bereich interreligiöser Dialog und Zusammenarbeit, das 1971 offiziell begann,
  • der Konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, der bei der Vollversammlung 1983 in Vancouver, Kanada, seinen Auftakt nahm,
  • die Dekade „Kirchen in Solidarität mit den Frauen“ (1988-1998), 
  • die Dekade zur Überwindung von Gewalt (2001-2011), 
  • und seit 2013 der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens. 

Der ÖRK arbeitet mit den regionalen ökumenischen Organisationen, den nationalen Kirchenräten und den christlichen Weltbünden zusammen. Der Besuch des Papstes im Juni 2018 beim ÖRK in Genf und in Bossey hat gezeigt, dass sich die Zusammenarbeit zwischen ÖRK und römisch-katholischer Kirche konsolidiert und intensiviert hat. Die nächste Vollversammlung des ÖRK wird 2022 in Karlsruhe unter dem Leitwort „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“ stattfinden.

Simone Sinn

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