Quäker / Religiöse Gesellschaft der Freunde

Situation in der Gegenwart

Die „Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker) “ ist in etwa 86 Ländern vertreten. Nach Angaben des „Friends World Committee for Consultation“ (Stand 2017) gibt es weltweit etwa 377.000 Quäker. Die mitgliederstärkste Sektion umfasst ca. 180.000 „Freunde“ auf dem afrikanischen Kontinent, gefolgt von der Sektion für Nord- und Südamerika mit ca. 140.000 Mitgliedern. In Europa und im Nahen Osten leben etwa ca. 32.000 Quäker, davon 23.000 in Großbritannien und ca. 260 in Deutschland und Österreich. Die Deutsche Jahresversammlung besteht seit 1925. Seit 1937 sind Quäker weltweit durch das „Friends World Committee for Consultation“  (FWCC; „Beratendes Weltkomitee der Freunde“), zur Förderung des Verständnisses unter den Freunden und zur Organisation von gegenseitigen Besuchen und Konferenzen, miteinander verbunden.


Geschichte

Die „Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker)“ entstand im 17. Jahrhundert durch George Fox (1624-1691) in England. Fox und seine Mitstreitenden wandten sich von jeglicher kirchlich-institutioneller Organisation ab und propagierten eine Rückkehr zu einem aus ihrer Sicht wahren Christentum. Ab 1649 predigte Fox öffentlich, u.a. auf Feldern und Marktplätzen. Mehrfach wurde er wegen angeblicher Gotteslästerung ins Gefängnis geworfen. Die Gründung des Quäkertums wird meist auf das Jahr 1652 datiert, nachdem Fox auf dem Pendle Hill in Lancashire eine Vision eines „great people to be gathered“ gehabt hatte. Weitere quäkerische Gründungspersonen waren William Penn (1644-1718), Robert Barclay (1648-1690) und Fox’ Ehefrau Margaret Fell (1614-1702), die gelegentlich „Mother of Quakerism“ (I. Ross) genannt wird. Barclay verfasste die quäkerische Theologie und Verteidigungsschrift „Apology for the True Christian Doctrine“ (lateinisch 1676; englisch 1678; deutsch 1684). Penn gründete 1681 die nordamerikanische Kolonie Pennsylvanien als „heiliges Experiment“. Als dortiger Gouverneur gewährte er vollständige Religionsfreiheit und ließ so eine Zufluchtsstätte für andernorts verfolgte religiöse Minderheiten (Quäker, Hugenotten, Mennoniten, Juden u.a.) entstehen. Die faire Behandlung der indigenen indianischen Bevölkerung, das Eintreten gegen Sklaverei und Krieg sowie der Einsatz für Arme und Leidende wurden zu wichtigen quäkerischen Überzeugungen. Fox, Penn und Barclay unternahmen 1671-77 Missionsreisen nach Holland und Deutschland. Im norddeutschen Friedrichstadt entstand 1677/78 das erste quäkerische Versammlungshaus auf dem europäischen Kontinent. Einer breiteren deutschen Öffentlichkeit wurden die Quäker vor allem durch ihre „Hilfsarbeit“ nach dem Ersten („Quäkerspeisung“) und Zweiten Weltkrieg („Schulspeisung“; Hilfe für Flüchtlinge, Vertriebene, Heimkehrer u.a.) bekannt. 


Glaube

Die Vorstellung vom „inneren Licht“ steht im Zentrum des Quäkerglaubens. Nach quäkerischer Überzeugung wirkt Gottes Geist beziehungsweise göttliche Energie in jedem Menschen. Die „Religiöse Gesellschaft der Freunde“ ist eine religiöse Laiengemeinschaft ohne Pfarrer oder Priester und ohne hierarchisch-zentralistische Strukturen. Der christliche Glaube der Quäker ist ein Glaube ohne Sakramente und ohne dogmatische Festschreibungen.


Kirchliches Leben

Schweigende Andachten stehen im Mittelpunkt der religiösen Zusammenkünfte. Die Andachten können völlig wortlos verlaufen, doch gibt es oft kurze Beiträge. Jeder Teilnehmer kann zum Sprechen berufen sein. 

In ihren Geschäftsandachten regeln die Quäker ihre Angelegenheiten. Sie versuchen dabei, ihre Entscheidungen einmütig zu treffen. Besteht keine Einmütigkeit, so kann auch kein Beschluss gefasst werden.


Ethik

Die Achtung aller Menschen, unabhängig von sozialer Herkunft, religiöser Überzeugung, Geschlecht oder Nationalität, ist Quäkern wichtig. Sie verweigern jeglichen Kriegsdienst und gelten als pazifistisch, engagieren sich für Opfer von Krieg und Gewalt, fördern Versöhnung und setzen sich für die Bewahrung der Schöpfung ein. Sie orientieren sich dabei an ihren Zeugnissen von Einfachheit, Wahrheit, Gleichwürdigkeit und Gemeinschaft.


Ökumene

Weil die Quäker keine Dogmen akzeptieren, lehnen sie die altkirchlichen und andere christliche Bekenntnisse ab und haben die Charta Oecumenica nicht unterzeichnet. Bei der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen hat die „Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker) Deutsche Jahresversammlung e.V.“ einen Beobachterstatus. Zwei Zusammenschlüsse nord-amerikanischer Quäker sind bereits seit 1948 Mitglieder im Ökumenischen Rat der Kirchen

Carsten Claußen

gegengelesen von Uwe Lutz-Scholten und Jochen Dudeck

 


Literatur

Angell, Stephen W. / Dendelion, Pink: The Oxford Handbook of Quaker Studies, Oxford 2013.

Bernet, Claus: Das Quäkertum in Deutschland. Von den ersten Anfängen bis zum Kaiserreich (Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit 89), Hamburg 2016. 

Dudeck, Jochen: Entscheiden aus der Stille, in: Una Sancta 75 (2020) 153-159.

Religiöse Gesellschaft der Freunde: Quäker heute in Deutschland und Österreich, Bad Pyrmont 52018.

Scott, Richenda C. (Hg.): Die Quäker (Die Kirchen der Welt Bd. 14), Stuttgart 1974.

Friends World Committee for Consultation, Finding Quakers Around the World [Übersicht zur weltweiten Verbreitung und Statistik der Quäker]: www.fwccamericas.org/_img/content/fwccworldmap2017-1.pdf

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