Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP)

Gegenwärtige Situation

Der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) ist der größte Zusammenschluss pfingstlerisch geprägter Christen in Deutschland. Zu ihm gehören ca. 870 Gemeinden, wobei mehr als ein Drittel (39,3 %) Gemeinden anderer Sprache und Herkunft sind. An den Gottesdiensten nehmen ca. 117.000 Besucherinnen und Besucher regelmäßig teil. Den BFP-Gemeinden gehören knapp 65.000 erwachsene Mitglieder an. Persönliche Mitglieder der Körperschaft sind die geistlichen Amtsträger der BFP-Gemeinden, die damit Mitglied der beschlussfassenden Bundeskonferenz sind.

Die Struktur des BFP ist in seiner Verfassung und den Richtlinien festgelegt. Er ist in 13 Regionen unterteilt, die von gewählten Regionalleitungen geführt werden. Bei ihnen liegt die Zuständigkeit für die seelsorgerliche Betreuung von Pastor/innen, Ältesten und Mitarbeiter/innen, die Begleitung von Kandidat/innen für das Pastor/innen-Amt und von Gemeinden und Pastor/innen in Problemsituationen.

Ergänzt wird die Struktur durch Bundeswerke, die die örtliche, überregionale sowie die weltweite Arbeit koordinieren bzw. unterstützen. Die Geschäftsstelle des BFP in Erzhausen mit dem angegliederten Theologischen Seminar Erzhausen bei Darmstadt ist hierbei sowohl die Zentrale des BFP als auch Aus-, Fort und Weiterbildungszentrum der Pastorinnen und Pastoren.


Geschichte

Die in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstandene Pfingstbewegung fasste ab 1907 in Deutschland Fuß. Gemeinden bzw. Prediger aus der Gemeinschafts- und Allianzbewegung schlossen sich ihr an. 1909 kam es durch die Berliner Erklärung zu einer Trennung der Gemeinschaftsbewegung von der neuen sog. Zungenbewegung. Es entstanden nun eigene Gemeinden und Strukturen. Neben der organisierten Pfingstbewegung, dem Mülheimer Verband, wurden ab den 1920er Jahren Gemeindebewegungen wie die Elim-Bewegung (1928) und die Volksmission entschiedener Christen (1934) gegründet. Andere Gemeinden lebten unabhängig, etliche sammelten sich um die Zeitschrift „Der Leuchter“ bzw. „Der feste Grund“. In Polen bildete sich ein deutschsprachiger Zweig der polnischen Pfingstbewegung. Die Gemeinden dort nannten sich „Freie Christengemeinden“. Die US-Pfingstkirche „Assemblies of God“ gab die deutschsprachige Zeitschrift „Wort und Zeugnis“ (1930-1938) für Pfingstgläubige in Osteuropa heraus.

Die mit dem 2. Weltkrieg verbundenen Verbote, Flucht und Vertreibung, hatte die Auflösung etlicher Gemeinden mit sich gebracht. Die Migrationsbewegungen führten zu Neugründungen. Ab 1947 sammelten sich Gemeinden aus der freien Pfingstbewegung zur „Arbeitsgemeinschaft der Christengemeinden in Deutschland“ (ACD) und gaben sich 1954 den rechtlichen Rahmen eines e.V. Der ACD wurden in Hessen 1974 die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdÖR) verliehen. Die Diskussion über den Weg als Gemeindebewegung oder als Freikirche führte 1982 zur Umbenennung in „Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden“ und zeigt die Entwicklung hin zur Freikirche.

Der größte Teil der Elim-Gemeinden auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland trat in den 1950er Jahren der ACD bei. Die Volksmission entschiedener Christen war bis 1988 selbstständig und trat dann in den BFP ein. Auch die in den 1940er Jahren entstandene pfingstliche Bewegung der „Gemeinden der Christen Ecclesia“, wurde in den Jahren 2000 bzw. 2008 in den BFP aufgenommen. Beide Gemeindebünde bilden nun Verbände im BFP, der hierdurch einen erheblichen Mitgliederzuwachs verzeichnen konnte. Nach der Wiedervereinigung wurden auch die meisten Elim-Gemeinden der ehemaligen DDR Teil des BFP (1991).

Zu weiterem Wachstum kam es durch das BFP-Gemeindegründungswerk, das von über 120 Gemeindegründungen berichtet, sowie durch Migrationsbewegungen, die seit den 1990er Jahren zur Gründung bzw. zur Aufnahme von russlanddeutschen Gemeinden und weiteren Gemeinden anderer Sprache und Herkunft führten.


Glaubensinhalte

Schriftverständnis

Der BFP geht von zwei Grundüberzeugungen aus. Er sieht die Bibel einmal als „Zeugnis von Menschen, die mit Gott lebten“. Gleichzeitig sei sie „als Text selbst göttliche Offenbarung und als Ganzes vom Heiligen Geist inspiriert“. Die Inspiration wird als göttliche Autorenschaft hinter den Verfassern interpretiert. Daher würden diese Texte „im (nicht mehr vorhandenen) Original exakt dem Willen Gottes entsprechen und [seien] insofern in ihrer Intention und zentralen Absicht zuverlässig und unfehlbar“. 

Der BFP versteht seine Exegese als „historisch-biblisch“, nimmt den Stand der Forschung zur Kenntnis und wendet die Methoden an, „die dem jeweiligen Text angemessen sind sowie dem Inspirationsverständnis und Offenbarungscharakter der Heiligen Schrift gerecht werden“. Besonderes Merkmal pfingstlicher Theologie ist die Identifikation mit der Urgemeinde, die die Erfahrungen urchristlicher gläubiger Menschen in Bekehrung, Geisterfüllung und Dienst der Geistesgaben auch für heute für erwartbar und erstrebenswert hält.

Sakramente

Die Säuglingstaufe wird abgelehnt. Es wird eine Gläubigentaufe aufgrund des persönlichen Bekenntnisses des Täuflings vollzogen. Das Abendmahl wird nicht sakramental, sondern in erster Linie als Gemeinschaftsmahl zur Verkündigung des Todes des Herrn verstanden. Leib Christi ist die Gemeinde, die seine Wiederkunft erwartet. Der Sakramentsbegriff ist daher innerhalb des BFP nicht gebräuchlich.

Bekehrung und Wiedergeburt

Es wird zwischen den beiden Begriffen Bekehrung und Wiedergeburt unterschieden. Bekehrung wird als Prozess von Glaube und Umkehr verstanden, die mehr als eine menschliche Entscheidung sei. Sie wird als Sinnesänderung aufgefasst, die eine Anerkennung der Herrschaft Gottes einschließt. Wiedergeburt bezeichnet den gleichen Vorgang aus göttlicher Perspektive als Geschenk des neuen Lebens durch den Geist. Bekehrung und Wiedergeburt bezeichnen gemeinsam den Prozess der Christ- oder Neuwerdung eines Menschen aus dem Blickfeld des Menschen bzw. dem Blickfeld Gottes. 

Geistestaufe 

Zum Bekenntnis des BFP gehört herausgehoben die Geisttaufe als sachlich vom Geschehen der Bekehrung/Wiedergeburt zu unterscheidende Wirkung des Geistes. Sie kann zeitlich mit ihr zusammenfallen oder ihr folgen. Hierbei steht die Geisttaufe für den missiologischen Aspekt des Wirkens des Heiligen Geistes, da der Christ vom Heiligen Geist gestärkt wird, um Zeugnis für Gott geben zu können. Diese wird durch mitfolgende Zeichen (z.B. Zungenrede, Prophetie) bestätigt. Wiedergeburt und Geistestaufe werden als zwei Wirkungsweisen des Geistes beschrieben, die beide wichtig und unaufgebbar sind, und in denen sich Gottes Handeln am Menschen jeweils ergänzt.

Ekklesiologie

Durch die Trennung von der Gemeinschaftsbewegung im Jahr 1909 kam es zur Gründung eigener Pfingstgemeinden. Die vor dem 2. Weltkrieg innerhalb der polnischen Pfingstbewegung gebräuchliche Bezeichnung „Freie Christengemeinde“ wurde bis in die 1990er Jahre für die meisten ACD/BFP-Gemeinden übernommen. Der BFP versteht sich als kongregational-synodale Freikirche, in der die Gemeinden selbstständig, aber nicht unabhängig sind. Die Leitung der örtlichen Gemeinden geschieht durch Älteste, wobei ein Pastor/Pastorin in der Regel leitende(r) Älteste ist. 

Das im Bereich der Neupfingstlerischen Bewegung entstandene und hier vor allem gebräuchliche Leitungsmodell des sog. fünffältigen Dienstes nach Eph 4,11 (Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Lehrer) spielt bislang im BFP organisatorisch keine Rolle. Im Jahr 2021 wurde dieses Modell nun auch innerhalb des BFP durch ein Positionspapier des Präsidiums erneut betont. Hierbei wird der Apostel-Dienst eigens herausgehoben, der mit besonderer Autorität verbunden wird. 

Aus dem biblischen Befund wird für den übergemeindlichen Bereich ein „apostolisch-direktives“ Leitungsmandat abgeleitet. Für den BFP erscheint hierbei das Bild eines Leitungskorridors angemessen, wobei auch die übergemeindliche Autorität ihrerseits wiederum synodalen Verbindlichkeiten unterliege. Der BFP reagiere damit auf das Wachsen einer neuen Leitungskultur im charismatisch-pfingstlichen Bereich, da das klassische Gemeindeleitungsmodell des gleichberechtigten Ältestenkollegiums den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vielfach nicht mehr gewachsen sei.

Eine parallele Entwicklung innerhalb der weltweiten Pfingstbewegung ist seit den 2000er Jahren mit dem Aufkommen der „New Apostolic Reformation“ zu beobachten. 


Kirchliches Leben

Gottesdienst

Im BFP vollzieht sich im Hinblick auf die Gottesdienstkultur ein Wandel. Schlagwort für ein neues Gottesdienstverständnis ist „attraktional“. Gemeint sind hiermit die perfekte Präsentation der Inhalte und die exakte Zeitplanung. Es gilt, den Anschluss an die säkularisierte urbane Mehrheitsgesellschaft zu halten oder wieder zu gewinnen. Das dynamische Gottesdienstgeschehen setzt auf Exzellenz und Professionalität und will kulturell wie kommunikativ auf der Höhe der Zeit sein. Im traditionellen pfingstlichen Gottesdienst ging und geht es um Erfahrung des Übernatürlichen, die sich nicht zeitlich exakt planen lässt. Gleichwohl gehören die Erfahrung und das Praktizieren von Geistesgaben in Gottesdiensten zum Selbstverständnis und zur Vision des BFP. 

Aufgrund des Wachstums der attraktionalen Bewegung wird im pentekostalen Lager diskutiert, ob man den eigenen Wurzeln treu bleibt, wenn weniger Raum für unplanbare Wirkungen des Geistes vorhanden ist. Eine Chance wird darin gesehen, in den Gottesdiensten den Geisteswirkungen und der Spontaneität verantwortlich Raum zu schaffen. Es wird sich zeigen, ob eher die traditionellen oder die attraktionalen Angebote die Fähigkeit besitzen, die Erwartungen einer pfingstlichen Zielgruppe zu erfüllen bzw. neue Zielgruppen zu erreichen. 

Verhältnis von Staat und Kirche 

Der BFP vertritt grundsätzlich die Trennung von Staat und Kirche. Aufgrund der Selbstständigkeit der Einzelgemeinden gibt es auch keine Vorgaben, was politische Äußerungen angeht. Ebenso sieht er seine Aufgabe in der Vertretung der gemeinsamen Anliegen der Gemeinden gegenüber staatlichen oder anderen öffentlichen Stellen.


Ethik

Der BFP versteht sich selbst aus der Tradition der Heiligungsbewegung. Das Leben in der Heiligung ist der Kernbereich des neuen Lebens aus Gott. Aus dieser Grundhaltung heraus wurden ethische Stellungnahmen u.a. zu Homosexualität und zu vor- bzw. außerehelichem Geschlechtsverkehr erarbeitet. Für beide Themen gelte, dass sie als gelebte Praxis „unter dem Begriff porneia als Hurerei ein ablehnendes Urteil“ in der Bibel erfahren. Da alle Menschen aus der Gnade leben und die Behauptung eines sündenfreien Lebens eine Vermessenheit wäre, werden homosexuell empfindende Menschen als Gemeindeglieder und als Inhaberinnen und Inhaber von Leitungsämtern grundsätzlich bejaht, während die Frage, ob sie ihre Sexualität ausleben können, verneint wird. Sie seien, wie alle Christen, dazu aufgerufen, „sich durch Gott verwandeln zu lassen und der Heiligung nachzujagen“.


Ökumene

Der BFP ist Mitglied der „World Assemblies of God-Fellowship“ (WAGF) und durch Delegierte sowohl in den Weltpfingstkonferenzen als auch in den europäischen Pfingstkonferenzen vertreten. „Darüber hinaus ist er bemüht, das Band der Einheit im Geist mit allen wiedergeborenen Christen der verschiedenen Denominationen zu pflegen“.

Er gehört als Mitglied zur Vereinigung evangelischer Freikirchen (VEF) und als Gastmitglied zur Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Ebenso ist er in weiteren christlichen Netzwerken aktiv (z.B. Evangelische Allianz, Christlicher Convent Deutschland, European Research Network on Global Pentecostalism (GloPent), Verein für Freikirchenforschung).

Dirk Spornhauer

gegengelesen von Frank Uphoff

 


Literatur

BFP (Hg.) / Hampel, Dieter / Krüger, Richard / Oertel, Gerhard: Der Auftrag bleibt. Der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden auf dem Weg ins dritte Jahrtausend, Erzhausen 2009.

Dost, Ole: Ende gut – alles gut!? Beiträge zur Eschatologie aus pfingstlicher Sicht, Erzhausen: Forum Theologie & Gemeinde, 2016 (Material zum geistlichen Dienst ; Band 23 Teilband 1).

Eisenlöffel, Ludwig David: Freikirchliche Pfingstbewegung in Deutschland: Innenansichten 1945–1985, Göttingen 2006.

Locher, Marcel u.a.: Leitung im Neuen Testament: Voraussetzungen – Funktionen – Modelle, Erzhausen 2021 (Theologie heute: Pfingstliche Beiträge zur Theologie, Bd. 3).

Olpen, Bernhard u.a.: Schriftverständnis und die Folgen für die Lebensführung, Erzhausen 3. Aufl 2019 (Theologie heute: Pfingstliche Beiträge zur Theologie, Bd. 1).

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