Vineyard-Bewegung

Situation in der Gegenwart

Die Vineyard-Bewegung ist gegenwärtig mit 3.000 Gemeinden in 105 Ländern die größte neocharismatische Bewegung weltweit.


Geschichte

Gegründet 1977 im kalifornischen Anaheim, übernahm John Wimber (1934-1997), ursprünglich Musiker, dann Pastor bei den Quäkern, 1982 die Leitung der „Vineyard International Fellowship“. In den 1980er-Jahren war John Wimber zusammen mit dem evangelikalen Missionar und Missiologen C. Peter Wagner (1930-2016) einer der Protagonisten der sog. „Dritten Welle“ des Heiligen Geistes, nach der Pfingstbewegung als „erster Welle“ und der Charismatischen Bewegung als „zweiter Welle“. Wagner kann als einer der wichtigsten Anreger der Neocharismatik angesehen werden. 1988 wurde dies als Gemeindewachstums-Modell durch „signs and wonders“ am Fuller Theological Seminary in Pasadena im Rahmen eines Kurses auch akademisch vorgestellt. Mit dem Konzept seines „power evangelism“ durch „Zeichen und Wunder, durch verheißene Heilung, prophetische „Worte der Erkenntnis“ und exorzistischen  Befreiungsdienst, hatte Wimber einen erheblichen Einfluss auf alle Teile der Charismatischen Bewegung. Einflussreich für den deutschsprachigen Raum wurden die Wimber-Kongresse in Deutschland (1987, 1988, 1992) und der Schweiz (1988, 1991, 1993, 1994). In den folgenden Jahren war Wimber beteiligt an der sog, „Kansas City Prophetenbewegung“ von Mike Bickle, später Leiter des International House of Prayer in Kansas City (IHOPKC). Zunächst förderte er die Bewegung und brachte sie auf die internationale Ebene, griff auch korrigierend ein, trennte sich aber dann davon. Der sog. Toronto Segen ging von einer Vineyard-Gemeinde aus, von der sich Wimber nach zunächst positiver Einschätzung wegen der Dominanz bestimmter außergewöhnlicher Manifestationen ebenfalls trennte. Nach dem Tod von John Wimber 1997 gab es in der Vineyard-Bewegung zunächst einige Turbulenzen. In den folgenden Jahren entwickelte sich Vineyard zu der heutigen weltweiten neocharismatischen Bewegung.


Glaubensinhalte

Vineyard versteht sich als Bewegung und als weltweite Verbindung von eigenständigen Vineyards, nicht als eigene Denomination. Betont wird die Eigenständigkeit der Bewegung in den jeweiligen Ländern. Gleichwohl gibt es gemeinsame Werte und Ziele. Im Kontext evangelikaler Prägung verbindet sich mit der Christus-Zentrierung eine in der Neocharismatik nicht unübliche Kingdom-Theologie, d.h. Theologie des Reiches Gottes. In diesem Zusammenhang steht ein ganzheitliches Gemeinde- und Seelsorgekonzept, in das das charismatische Erbe integriert ist, zumal innere und äußere übernatürliche Heilung. Die dadurch gegebene Spannweite zeigt ein kurzer Text zum Thema „Natürlich-Übernatürlich“ auf den Seiten des vor allem für die deutschsprachigen Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz wichtigen Dachverbandes D.A.CH.: „Die Bedeutung des übernatürlichen Wirkens des Heiligen Geistes gehört zum Erbe von Vineyard. Wir müssen es nur immer wieder neu entdecken, umarmen und uns dem Risiko, das nichts geschehen kann, ausliefern.“ Die Vineyard-Bewegung versteht sich als „christliche Bewegung von Gemeinden und Gemeinschaften innerhalb der einen Kirche Jesu Christi.“ Ähnlich der „Neuen Apostolischen Reformation“ ist auch die Gesellschaft im Blick: „Uns bewegt das Anliegen einer Erneuerung von Kirche und Gesellschaft durch christliche Gemeinschaften, die beispielhaft durch ihr Leben der Ausbreitung des Reiches Gottes dienen.“


Glaubens- und Gemeindeleben

Die Vineyard-Bewegung Deutschland, Österreich, Schweiz wurde 1999 als eigenständige Vineyard-Bewegung freigesetzt. Martin und Georgia Bühlmann, damalige Gründer und Leitung der Vineyard Bern, wurden als Leiter mit einem Leitungsteam eingesetzt, haben die Bewegung in den letzten Jahren gemeinsam mit Rainhard Wedeleit geleitet und übergeben die Leitung der Bewegung in 2021 an ein neu aufgestelltes Leitungsteam.


Ökumene

Charakteristisch für den deutschen Sprachraum ist die ökumenische Orientierung. Die Vineyard-Bewegung Deutschland, Österreich, Schweiz steht in Verbindung u.a. mit der Evangelischen Allianz , orientiert sich an deren Glaubensbasis sowie an der Lausanner Erklärung, gehört zudem dem deutschen Kreis Charismatischer Leiter (KCL) an und ist an einigen Orten in Deutschland mit der lokalen ACK  verbunden. In der Schweiz gehört Vineyard zur VFG (Vereinigung evangelischer Freikirchen und Gemeinschaften) und zu verschiedenen ökumenischen Initiativen. In Österreich gehört Vineyard zum „Runden Tisch“. Programmatisch heißt es dazu: „In Deutschland/Österreich/Schweiz verstehen wir uns als Bewegung. Aufgrund der konfessionellen Situation und der Geschichte der deutschsprachigen Länder ist uns dies als sichtbares Zeichen des Miteinanders mit den verfassten und traditionellen Kirchen wichtig. In einer Zeit der Abgrenzung suchen wir das Gemeinsame und fassen bewusst das Dienende ins Auge. Innerhalb der Bewegung Vineyard D.A.CH. können sich die lokalen Vineyards als freikirchliche Gemeinden sowie im Rahmen der röm. katholischen und der evangelischen Kirchen entwickeln und aufbauen.“ Exemplarisch für mögliche Doppelmitgliedschaften ist die durch eine Gemeinsame Erklärung gestützte Zugehörigkeit von Vineyard Bern als evangelikal-charismatische Gemeinschaft innerhalb der Berner Landeskirche. Zur gemeindlichen Praxis gehören auch Taufe und Abendmahl. Die Kindertaufe wird anerkannt, es findet eine Tauferneuerung statt. In Deutschland bekennt sich etwa Vineyard Aachen zu den altkirchlichen Bekenntnissen, betont die Verbindung zur Evangelischen Allianz und gehört der lokalen ACK an. Die geistliche Gemeinschaft ZION in Ravensburg versteht sich als katholische Gemeinschaft mit Anbindung an Vineyard. Die Vineyard Berlin ist Teil der Evangelischen Kirche Berlin, Brandenburg, schlesische Oberlausitz. Prägende Vineyards gibt es u.a. in Bern, Speyer und München. Die auf Anregungen von John Wimber durch den anglikanischen Bischof David Pytches (geb. 1931) gegründete New Wine Bewegung in Großbritannien verbindet Vineyard-Motive mit der Nähe zur Church of England.


Hans Gasper

gegengelesen von Rainhard Wedeleit


Literatur

  • Baumert, Norbert, Endzeitfieber?, Münsterschwarzach 1997;
  • Burgess, Stanley M., New International Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements, Grand Rapids (MI) 2002;
  • Hempelmann, Reinhard, Licht und Schatten des Erweckungschristentums. Ausprägungen und Herausforderungen pfingstlich-charismatischer Frömmigkeit, Stuttgart 1998;
  • Lederle, Henry I., Theology with Spirit. The Future of the Pentecostal-Charismatic Movements in the 21st Century, Tulsa/OK 2010;
  • The Characteristics of the New Charismatic Churches, Rom 2018.
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