Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen

Kurzer geschichtlicher Überblick

Die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) hat ihre Wurzeln in der Reformation des 16. Jahrhunderts und wurde im Jahr 1875 von presbyterianischen Kirchen aus Europa und Nordamerika unter dem Namen "The Alliance of the Reformed Churches throughout the World holding the Presbyterian System" in London gegründet.

Im Jahr 1891 trat der "International Congregational Council" zum ersten Mal zusammen. Auf der Generalversammlung in Nairobi, Kenia, vereinigten sich der presbyterianische und der kongregationalistische Weltbund im Jahr 1970 zum Reformierten Weltbund (RWB).

Der im Jahr 1946 gegründete Reformierte Ökumenische Rat der Kirchen (REC) war ein internationaler Zusammenschluss von Kirchen, die sich einer reformierten konfessionellen Identität verpflichtet sahen. Im Jahr 2010 vereinigten sich RWB und REC während der Generalversammlung in Grand Rapids, Michigan, zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen.


Relevante Zahlen, Daten und Fakten

Die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen umfasst 100 Millionen Christinnen und Christen aus mehr als 230 Kirchen in über 105 Ländern. Die WGRK umfasst ein weites protestantisches Spektrum. Unter den Mitgliedern finden sich kongregationalistische, presbyterianische, reformierte, sich vereinigende und unierte Kirchen sowie Kirchen mit Wurzeln in der Ersten Reformation (wie zum Beispiel die Waldenserkirche). In den unierten und sich vereinigenden Kirchen in der Weltgemeinschaft haben sich reformierte Kirchen mit unter anderem methodistischen, lutherischen und baptistischen Kirchen zusammengeschlossen. Das Generalsekretariat der WGRK ist seit 2013 in Hannover angesiedelt.


Zielsetzung und wichtigste Themen

Das Leitwort der Weltgemeinschaft ist „Zur Einheit berufen und der Gerechtigkeit verpflichtet“. Die WGRK versteht sich als eine bekennende Gemeinschaft und sieht ihren Auftrag durch die nach wie vor unvollendete Agenda der Reformation bestimmt. In ihrer Arbeit lässt sie sich von der Bekennenden Kirche in Deutschland und den Bekenntnissen von Belhar und Accra inspirieren:

Im 1984 von der Generalversammlung des Reformierten Weltbundes beschlossenen Bekenntnis von Accra heißt es: „Wir glauben, dass Gott einen Bund mit der ganzen Schöpfung geschlossen hat (1. Mose 9,8-12). Gott hat eine irdische Gemeinschaft ins Leben gerufen, die auf der Vision von Gerechtigkeit und Frieden beruht. […] Gott segnet die ganze Schöpfung und bezieht sie in diesen Bund mit ein (Hosea 2,18ff).“
Mit dem Bekenntnis von Belhar, das 1986 in Südafrika in Auseinandersetzung mit dem Apartheidregime formuliert wurde, betont die WGRK den untrennbaren Zusammenhang von Gemeinschaft und Gerechtigkeit: Wir glauben, dass die Einheit, die Gott der Kirche gegeben hat, „sichtbar werden muss, damit die Welt glauben kann, dass Trennung, Feindschaft und Hass zwischen Menschen und Menschengruppen eine Sünde ist, die Christus bereits überwunden hat, und dass alles, was diese Einheit bedroht, deshalb in der Kirche Christi keinen Platz haben darf, sondern bekämpft werden muss.“


Programmatik

Als eine weltweite Gemeinschaft, die sich nach dem Vorbild der neutestamentlichen Koinonia im gemeinsamen Urteilen, Bekennen, Bezeugen und der Bereitschaft, sich nach dem Zeugnis der Schrift reformieren zu lassen, begründet, stärkt und vertieft die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen die Einheit unter ihren Mitgliedern und koordiniert gemeinsame Initiativen, um ihr Zeugnis in der ganzen Welt zur Anwendung zu bringen.

Die WGRK ist in den folgenden Arbeitsbereichen tätig:

Eine gerechte Gemeinschaft aufbauen

Nach reformiertem Verständnis wird eine Gemeinschaft zu einer Koinonia, wenn sie es dem Heiligen Geist erlaubt, den Einzelnen, die Gemeinschaft der Gläubigen und die Welt als Ganze zu verwandeln. Die Gemeinschaft der Kirche entsteht aus dem Zeugnis aller Glaubenden. Die Weltgemeinschaft ist daher bestrebt, Personen und Perspektiven aus der reichen Vielfalt der Gemeinschaft in jeden Aspekt ihrer Arbeit einzubeziehen.

Einen Bund für Gerechtigkeit schließen

Das Bekenntnis von Accra bezeichnete als "Imperium" ein umfassendes Herrschaftssystem, das von mächtigen Akteuren zum Schutz und zur Verteidigung ihrer eigenen Interessen errichtet wird. Die Kirche ist aufgerufen, diesen Herrschaftssystemen zu widerstehen. In Aufnahme dieses Bekenntnisses zielt die Arbeit der WGRK auf wirtschaftliche, ökologische und Gender-Gerechtigkeit und unterstützt Gemeinschaften in dem Versuch, gegen Gewalt, Rassismus, Nationalismus, Autoritarismus und Militarismus resilient zu werden.

Theologie für die Transformation betreiben

Die WGRK betreibt eine kontextbezogene Theologie. Eine solche Theologie sieht die Welt aus der Perspektive der Erfahrungen der Machtlosen und Leidenden. In ihren Schreien hört die Kirche den Schmerz des gekreuzigten Gottes. Dieser besondere Ausgangspunkt führt die Kirche zu einem Bekenntnis des Glaubens, das die lebensspendende Kraft des Evangeliums gegenüber den herrschenden Mächten und Gewalten bezeugt.

Gottes Mission in Krisenkontexten zum Ausdruck bringen

Gottes Mission verwandelt die Kirche in eine missionarische Gemeinschaft, die sich in Zusammenarbeit mit allen Menschen guten Willens für Gottes Werk der Erneuerung und Verwandlung einsetzt. In Krisensituationen sieht sich die WGRK der Idee einer ‚Mission von den Rändern‘ verpflichtet und unterstützt marginalisierte Gruppen in ihrem Kampf um gerechte Lebensverhältnisse.

Mit allen Partnern, die Gott anbietet, zusammenarbeiten

Reformierte Theologie nimmt wahr, dass Gott auch in anderen christlichen Traditionen am Werk ist. Gott gibt die Einheit als Gabe und lädt die Kirche ein, diese zu empfangen, indem sie sich selbst und ihre Beziehungen zu anderen Christen prüft und nach Gottes Wort zu reformieren sucht. Eine solche Selbstprüfung öffnet die Kirche auch für eine Zusammenarbeit mit nichtchristlichen Glaubensgemeinschaften und säkularen Organisationen.

 

Hanns Lessing

 

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