Internationaler Bund Freier evangelischer Gemeinden

Geschichtlicher Überblick

Der Gott der Bibel hat sich in Jesus Christus als Heil der Welt offenbart und erweckt durch seinen Geist Menschen zu einem Leben in der Nachfolge Jesu Christi. Aufgrund dieser Erfahrung entstanden Anfang des 19. Jahrhunderts in der Schweiz von der Staatskirche unabhängige Freie evangelische Gemeinden. Die 1834 und 1860 erfolgten Zusammenschlüsse solcher Gemeinden aus mehreren europäischen Ländern bestanden nur wenige Jahre. Erst die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs führte zur Gründung des Internationalen Bundes Freier evangelischer Gemeinden (International Federation of Free Evangelical Churches – IFFEC) im Jahr 1948 in Bern. Nicht zuletzt die Vergebungsbereitschaft und praktische Hilfeleistung von Gemeinden der Schweiz, Skandinaviens und Nordamerikas für notleidende deutsche Gemeinden trugen dazu bei. Damals wie heute verbindet die Mitgliedskirchen die Überzeugung, dass allein der persönliche Glaube an Jesus Christus Kriterium für die Zugehörigkeit zu einer Ortsgemeinde sein soll. Obwohl alle die Heilige Schrift als autoritatives Wort Gottes anerkennen, bedeutet dieses Kriterium zugleich, dass der Glaube mit sehr unterschiedlichen Erkenntnissen und Gestaltungsformen verbunden sein kann. Der kongregationale  Charakter, d.h. die Betonung der weitgehenden Selbstständigkeit der Ortsgemeinde, bedingt eine kritische Haltung gegenüber hierarchischen Leitungsstrukturen.
Aus demselben Grund kommt es relativ selten dazu, dass die Leitungsgremien im Namen aller Gemeinden öffentliche Erklärungen zu aktuellen Themen abgeben (wie im Juni 2020 zu rassistisch motivierter Gewalt). Doch versuchen die mit der IFFEC verbundenen Kirchen nach Kräften, möglichst vielen Menschen das biblische Evangelium in zeitgemäßer Weise nahe zu bringen.


Zielsetzung und wichtigste Themen

Die kulturelle Vielfalt und die oben erwähnte Unterschiedlichkeit der Glaubensformen in den Mitgliedskirchen führt zu der Frage, wie dennoch die in Christus bestehende Einheit sichtbar gelebt werden kann. Zwar führt eine größere Übereinstimmung in Lehrfragen nicht automatisch zu größerer, evtl. auch organisatorischer Einheit, jedoch wird die Bemühung darum durchaus als fruchtbar erlebt. Der gemeinsame Austausch (besonders bei Konferenzen), das wechselseitige Verstehen, gemeinsame missionarische Projekte wie Gemeindegründungen und karitative Aktionen fördern die Zusammengehörigkeit.
Die Hervorhebung der Freiheit im Gemeindenamen zeigt an, dass der Unabhängigkeit von staatlicher Einflussnahme nach wie vor ein hoher Wert beigemessen wird. Das schließt den Verzicht auf Privilegien wie die Erhebung von Kirchensteuern  ein. Freiheit hat jedoch nichts mit Willkür oder Rücksichtslosigkeit zu tun, vielmehr befreit die dem Glaubenden von Christus geschenkte Freiheit von religiösen Gesetzen zu tätiger Nächstenliebe. Der Geist der Freiheit verbindet die Gemeinden und Mitgliedskirchen zu einer internationalen Dienstgemeinschaft, in der den wachsenden Partnerkirchen der südlichen Halbkugel eine immer größere Bedeutung zukommt. Dass die Freien evangelischen Gemeinden faktisch nur ein begrenztes Frömmigkeitsspektrum abbilden, stellt kein größeres Problem dar, weil sie sich nicht selber absolut setzen, sondern als prinzipiell durch andere Denominationen  und Konfessionen ergänzungsbedürftig verstehen. Dennoch bemühen sich die Gemeinden darum, Christinnen und Christen unterschiedlicher Überzeugungen in Fragen der Bibelauslegung (z.B. Taufe und Abendmahl, Schöpfung und Eschatologie) sowie der Lebensgestaltung eine Heimat zu bieten.


Zahlen, Daten und Fakten

Derzeit gehören zur IFFEC in 34 Ländern 32 Kirchen bzw. Gemeindebünde mit ca. 700.000 Menschen, wovon ca. 45 % in Nordamerika und jeweils 27 % in Europa und in Asien bzw. Südamerika leben. Damit sind die Freien evangelischen Gemeinden in ihrem nationalen Kontext sehr kleine Kirchen. Zusätzlich gehören jedoch aufgrund vielfältiger Beziehungen weitere eigenständige Gemeindebünde in Asien und Südamerika mit zum Teil hohen Mitgliederzahlen zur IFFEC-Familie, obwohl sie noch keinen Mitgliedsstatus haben. Die IFFEC arbeitet auch an der offiziellen Integration afrikanischer Partnerkirchen, zu denen es seit Langem gute Beziehungen gibt. Einige Mitgliedskirchen gehören gleichzeitig anderen internationalen konfessionellen Bünden an, z.B. dem Reformierten Weltbund (Schweden, Tschechien, Bulgarien).
Die wesentlichen Entscheidungen der IFFEC werden in der alle 4 Jahre stattfindenden Generalversammlung getroffen. Dazwischen wird die Arbeit vom Exekutiv-Komitee, dem Präsidenten und dem Generalsekretär verantwortet. Für Jugend, Mission und theologische Arbeit sind Sonderbereiche eingerichtet.

Johannes Demandt


Literatur

Demandt, Johannes (Hg.): Freie Evangelische Gemeinden. Die Kirchen der Gegenwart 4 (Bensheimer Hefte 114), Göttingen 2012.
Persson, Walter: In Freiheit und Einheit. Die Geschichte des Internationalen Bundes Freier evangelischer Gemeinden, Witten 1999.

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